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Was die Welt im Innersten zusammenhält

Die Menschheit braucht eine neue Philosophie - wer kann sie bieten? Es gibt verschiedene Gründe, warum Philosophen aus dem Leben kommen müssen statt wie gewöhnliche Berufstätige dafür bezahlt zu werden. Denn andernfalls werden sie zu bloßen Theoretikern, die durch die gesicherte Bezahlung ihren Bezug zur Welt voller Umbrüche, praktischen Schwierigkeiten und damit verbundenen Erfahrung der Bedeutung von Ideen und Theorien verlieren. Plausibilität ist nämlich nicht ein rein theoretisches Kriterium, sondern sie setzt theoretische Konsistenz und erfahrungsmäßige Einsicht voraus. Vernunft und Erfahrung widersprechen sich nicht – aber ohne eines ist anderes blind.

 

Beispiel: Die Erfahrung, dass etwas, das man unter wirklichen allen Gesichtspunkten bei weitem besser macht als die Konkurrenz aber erfolglos bleibt: „Ich habe alles so gemacht, dass es grundsätzlich nicht mehr besser ginge – warum dann...?“, der Moment der Ratlosigkeit bietet die Einsicht in die Möglichkeit des Unvorhersehbaren und dass entgegen aller scheinbaren theoretischen Plausibilität es einen metaphysischen Zugriff auf die Welt gibt, demgegenüber der Mensch machtlos ist. Dieser Moment ist zweischneidig: er kann zerstörerisch oder beflügelnd wirken. Zerstörerisch, wenn der Mensch bei sich bleibt. Denn von sich aus betrachtet, ist er ohnmächtig gegenüber jener ungreifbaren und unkalkulierbaren Macht. Beflügelnd hingegen, wenn er sich übersteigt und den Blick nach oben wendet, denn dann erwächst aus einem der Geduldsprobe standhaltenden Gottvertrauens jene willensstarke Hoffnung, mit der unzählige Menschen die Möglichkeit des Unmöglichen aktiv gelebt haben.  Es ist also keine passive Vertröstung, sondern eine Entscheidung: Ergibt man sich den Umständen oder ergibt man sich in Gottes Allmacht; ersteres laugt den Menschen aus, letzteres belebt ihn. Die Möglichkeit des Unvorhergesehenen bedeutet nämlich nicht nur, dass eine aller Voraussicht nach sichere Brücke plötzlich reißen; sondern genauso, dass ein sinkendes Schiff unvorhergesehen auf einen Grund stoßen kann. 

 

Kurz: die Freiheit zum Handeln und Wirken beginnt mit der Einsicht in die wirklichen Verhältnisse der Dinge, d.i. was die Welt im Innersten zusammenhält, und nicht ihre äußere Anordnung. Und die Wirklichkeit lautet, dass jegliches im Verhältnis zu einem ungreifbaren Absoluten steht: Strukturen durchziehen die Welt, doch sie sind wie seidene Fäden. Wie die dringend benötigte Philosophie auch am Ende aussieht – sie fordert die praktische Erfahrung und das Aushalten jener Wirklichkeit, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können.