· 

Leseprobe: Von der Glückseligkeit und den unglücklich-zufriedenen Individualisten.

Download
Leseprobe aus ,,Komm, Entmenschtes: Lass uns werden... Das Tagebuch von Arman dem Entfremdeten".
Leseprobe. Zufriedenheit:Glückseligkeit,
Adobe Acrobat Dokument 152.8 KB

Haben Sie mal darüber nachgedacht, wofür Sie eigentlich leben? Wovon machen Sie z.B. Ihr Glück abhängig? 

Interessant ist nämlich, dass - obgleich wir auf jegliches ,,traditionelle" verzichten, darunter die Familie - unsere individualistische Leistungsgesellschaft statistisch gesehen einfach nicht glücklich wird. Andere haben zwar alles, von der Familie bis zum erfolgreichen Beruf und ehrenamtlichen Engagement, freilich gehen auch sie mit einem leisen Unbehagen zu Bett. Einige behaupten deshalb, es gäbe das Glück womöglich gar nicht. Man solle einfach hoffen, dass am Ende die Summe der erfreulichen Erlebnisse die schmerzvollen überwiege. Bevor wir in solche Trostlosigkeit verfallen, stellen wir die Frage ein wenig anders: Kann es sein, dass wir Begriffe, wie ,,Glück" von Grund auf falsch verstanden haben? Welche Absicht verbirgt sich hinter unseren guten Taten? Vielleicht ist nur ein falscher Ausgangspunkt schuld daran, dass wir nur unglücklich werden können, wiewohl wir uns um das Glück bemühen!

 

Ohne abstrakt zu werden und den Bezug zur Praxis zu verlieren, schlage ich vor, dass wir vor diesem Hintergrund der Frage nachgehen, welchen Unterschied es zwischen Glückseligkeit und Zufriedenheit gibt, welchen geistigen Wert ,,Familie" haben kann und warum es sich lohnt, den ,,traditionellen Platon" zu lesen. Denn: 

,,Hinzu kommt, dass ein der Zukunft nach gerichtetes Leben, nicht den Problemen der Gegenwart erwehren kann. Die Güter der Zufriedenheit, welche ich mir von der Zukunft verspreche, sind in der Gegenwart abwesend. Aus der Vergangenheit kann ich auch keine Unterstützung erhoffen, da auch diese lediglich eine Abfolge von Stationen fasst, auf dem Weg in die glorreiche Zukunft. So stehe ich dar, hinter mir vergeudeten Jahre, vor mir die Ergebnislosigkeit einer Jagd nach erfüllender Zufriedenheit oder das Dahinvegetieren eines um der Nähe von Glückseligkeit unwissenden Körpers. Wie schreibt Durkheim in seiner Studie über den Selbstmord: „Es ist weder im Vergangenen, noch im Kommenden ein fester Punkt, an den er sich halten könnte“. Selbst die Familie wird keinen Trost zu spenden wissen, sofern der Blick getrübt von Zufriedenheit die eigene Hand vor dem Gesicht nicht zu sehen weiß. Was bleibt, wenn sie mir genommen wird? Was fängt mich auf, wenn ich alleine vor dem Abgrund stehe?

Die Glückseligkeit ist anders [...] Denn Glückseligkeit bedeutet, dass man sich am Gegenwärtigen erfreut, statt um des Vergangenen wegen zu trauern oder sehnsüchtig nach dem Zukünftigen Ausschau zu halten [...]".