Ethik und evolutionstheoretische Axiome: Philip Kitcher über Fortschritt und Objektivität in der Moral (Bachelorarbeit)

Download
Bachelorarbeit (02.06.2020 Ergebnis)
Moral und Evolutionstheorie_Kitcher über
Adobe Acrobat Dokument 650.1 KB

Objektivität in der Moral ohne Gott als Urheber: Können ethische Urteile in einem evolutionstheoretischen Weltbild objektive Gültigkeit beanspruchen, welche Anforderungen muss eine solche Theorie erfüllen und wie plausibel wäre eine solche Erzählung?

 

Die Grundlage der Theorie von Philip Kitcher bildet die These, dass die Funktion der Überwindung von sog. altruism failures den Beginn des ethischen Projekts vor knapp 50.000 Jahren initiierte, dessen weiteren Verlauf prägte und sein gegenwärtiges Vorhandensein begründe. Denn die Menschen seien grundsätzlich altruistisch, bloß sei durch die begrenzte Wirksamkeit des Altruismus das Konfliktpotential einem Gemeinschaftsleben hinderlich gewesen. Deren Überwindung sei die ursprüngliche Funktion der Ethik, bzw. Moral, zwischen denen er nicht unterscheidet. Religion u.ä. hält er für Phänomene, von denen sich die Philosophie im Allgemeinen und die Ethik im Besonderen emanzipiert habe.

Besonders an Kitcher ist, dass er Moral von Grund auf evolutionsphilosophisch reflektiert und gleichzeitig an einer objektiven Gültigkeit ethischer Urteile festhält, ferner Moral nicht für eine rein biologische Vererbung hält. Dennoch versucht die Arbeit nachzuweisen, dass Kitchers Theorie weder ihren Anspruch einer empirisch fundierten Philosophie erfüllt, noch seine Argumentation stichhaltig ist. Zu diesem Zweck besteht der Hauptteil wesentlich aus drei Abschnitten, die jeweils Rekonstruktion und Auswertung unter enger Einbeziehung der Sekundärliteratur fassen. 

 

Zunächst wird seine Genealogie der Ethik rekonstruiert und seinem Anspruch einer empirisch fundierten Philosophie gegenübergestellt. Sodann geht es um seinen Begriff eines ethischen Fortschritts unabhängig von Wahrheit und Subjektivität. Nämlich versucht er die Moralphilosophie anhand des Paradigmas der praktischen Funktionalität neu auszurichten. In diesem Teil wird sein Modell hauptsächlich gegen die Kritik aus der Sekundärliteratur verteidigt. Zuletzt wird es um seinen Erklärungsansatz gehen, wie subjektive Akteure in einem erklärt evolutionsphilosophischen Modell objektive Urteile zu bilden vermögen. Da die Frage des Fortschritts unabhängig vom subjektiven Empfinden der Urteilenden sei, sowie Kitcher die Vorstellung einer generierten und verhältnismäßigen Objektivität verteidigt, wird sein Modell anhand der Unverlässlichkeit der empirischen Welt als Bezugssystem problematisiert. Im Ausblick möchte ich die Frage stellen, inwiefern sich ein solcher Ansatz metatheoretisch vom Relativismus unterscheidet.