
Höre doch, was das Rauschen des Meeres dir zu sagen hat!
Hier, an der Küste Tel Avivs, einer vor rund hundert Jahren entstandenen Stadt, haben sie viel zu erzählen. Jede kleine Welle trägt eine eigene Geschichte mit
sich, so höre doch!
Die eine erzählt von Schiffen, die von einem Staat träumende Siedler oder vor der Shoa flüchtende und sie überlebende Menschen her brachten, es trägt die
salzigen Tränen der flüchtenden bei sich: Es dauerte lange, sehr lange, bevor aus ihren Tränen der Trauer Freudentränen werden konnten.
Eine andere erzählt, dass sie Teile eines Volkes sind, welches selbst wiederum andere in die Flucht trieb und bis heute treibt, diese trägt ihre salzigen Tränen mit sich. Es wird noch lange, sehr
lange dauern, bis aus den Tränen der Trauer Freudentränen werden.
Doch, welchen Preis werden s i e dafür in Kauf nehmen?
Wissen s i e denn, dass die Tränen aller Menschen gleich schmecken?
Vielleicht haben die Tränen dann auch nichts mehr mit Freude zu tun, vielleicht sind es Tränen des eigenen Herzens ob der an Gleichgültigkeit verdorrten
Seele.
Wie viele Liebenden trafen sich an deinem Fuße, unendlich weites Meer?
Wie viele Schicksale besiegeltest du, und wie viele triebst du erst voran?
In deinem Rauschen findet die Zeit keinen Platz, in deinem Rauschen liegt das unendliche Jetzt: Darin vereint finden sich ganze Zivilisationen. Weder spielt
das Wann eine Rolle, noch das Wer oder Wo: Du spülst über ihre Grenzen hinweg.
Du, weises Meer, wirkst bedrohlich und weckst doch meine Sehnsucht, ich suche nach Vereinigung doch höre dir nicht zu.
Ich bin nicht hier, um mich abzukühlen, ich will nicht hier weilen, ohne wahr zu nehmen -
Ich bin hier, um eins zu werden. Ich bin hier, weil ich nicht zu sehen kann, wie dem äußeren Auge folgend mein inneres Auge erblindet -
Ich bin hier, um lebendig zu sein, statt bloß zu existieren.
Hier bin ich, ja doch, ich höre! Denn ich weiß: Und wenn die ganze Welt die Taubheit wählend hin zu hören verlernt, ja wenn sie selbst die strahlende
Schönheit des Lächelns eines fremden Kindes wahr zu nehmen sich weigert - Wir genügen uns, indem wir eins werden.
Wer weiß, vielleicht hören noch andere hin. Platz ist hier, im Angesicht deiner unendlichen Weite unter dem wegweisenden Horizont, jedenfalls
genug.